Wesselmann - Soldat im ersten Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg sorgte für unvorstellbare und nie da gewesene Verluste auf der ganzen Welt. Diese machten auch vor Steinhagen nicht halt. August Wesselmann war „nur“ einer von vielen, dennoch hat er eine besondere Geschichte. Am 17.1.1881 wurde er in Steinhagen als Sohn von Heinrich Wilhelm Wesselmann und Johanne Caroline Auguste Wesselmann geb. Wächter geboren. Sein Vater besaß eine Mühle sowie ein Lohnunternehmen, in dem August vor dem Krieg als Schmied und Lokomobilien-Maschinist arbeitete.
Dieses Leben wurde aber vom Weltgeschehen unterbrochen, als ein serbischer Nationalist Ende Juni 1914 den Thronfolger Österreich-Ungarns, Franz Ferdinand und seine Frau in Sarajevo erschoss. Dieses Attentat brachte die sowieso schon angespannte Situation in Europa zum Eskalieren. Das Deutsche Reich sicherte Österreich-Ungarn seine Hilfe zu. Nach deren Kriegserklärung an Serbien befindet sich das Deutsche Reich ab dem 1. August 1914 auch mit Russland im Krieg, da dies mit Serbien verbündet ist. Am 3. August erklären sie schließlich auch Frankreich den Krieg. Der Einmarsch der deutschen Truppen einen Tag später im neutralen Belgien bedeutete einerseits den Eintritt Großbritanniens in den Konflikt, andererseits auch den Beginn des Ersten Weltkriegs. Anfangs machen die deutschen Truppen schnelle Vorschritte, so stehen sie am 5. September 1914 kurz vor Paris. Frankreich mobilisiert die letzten Kräfte und es beginnt die Marne-Schlacht.
Ungefähr zu diesem Zeitpunkt, also Anfang September, wird August Wesselmann einberufen. Er muss schon vorher Rekrut gewesen sein, anders wäre nicht zu erklären, dass er direkt zu Beginn des Krieges Unteroffizier war. Die Schlacht an der Marne wurde zu einem Desaster für die deutsche Heeresleitung. Die französisch-britischen Streitkräfte leisteten überraschend starken Widerstand, sodass sich die deutschen Streitkräfte ca. 80 km zurückziehen mussten. Damit war der „Schieffen-Plan“ gescheitert. Dieser ging im Falle eines Zweifrontenkrieges davon aus, dass man Frankreich schnell und mit dem Großteil des Heeres einnahm, um sich danach auf die Ostfront konzentrieren zu können. Der schnelle Vormarsch in Frankreich war hier nun allerdings beendet. Die deutschen Truppen ziehen sich bis an die Aisne zurück, so entsteht wieder eine zusammenhängende Front und die deutschen Truppen können weitere französische Angriffe abwehren. Damit beginnt ein Stellungskrieg, der den gesamten Ersten Weltkrieg bestimmen soll.
Fast zeitgleich fand auch der „Wettlauf zum Meer“ statt, vom 14 September bis zum 19 Oktober. Hierbei bewegten sich beide Kriegsparteien fast parallel Richtung Nordsee, begleitet von starken Kämpfen um verschieden Städte. Beide wollten ursprünglich versuchen, den jeweiligen Gegner an der Flanke zu umgehen. Es sollte jedoch weder Frankreich noch Deutschland gelingen und so endete der Wettlauf an der belgischen Nordseeküste in Flandern. Dieses „Unentschieden“ sorgte zum einen dafür, dass die britischen Soldaten weiterhin ungestört an der französischen Nordseeküste anlanden konnten, um in die Kämpfe einzugreifen, zudem kam es zur ersten Flandernschlacht, die bis zum 18 November dauerte. Jedoch gab es auch hier keinen Sieger, sodass auch hier der Krieg zu einem Stellungs- bzw. Grabenkrieg wurde. August Wesselmann wurde Ende September, also nicht mal ein Monat nach seiner Einberufung angeschossen und schwer verwundet.
Vermutlich geschah dies bei einem der zahlreichen Gefechte, die den „Wettlauf zum Meer“ begleiteten, oder bei der Schlacht an der Aisne. Er wurde ins Bürgerhospital in Ostende eingeliefert, wo er am 2.11.1914 seinen Verletzungen erlag und starb. Seine Traueranzeige erschien am zwölften November im Haller Kreisblatt.
Dies war jedoch noch nicht das Ende der Geschichte. Wesselmann wurde, wie üblich im Ersten Weltkrieg nahe der Front auf einem der zahlreichen Soldatenfriedhöfe bestattet, in seinem Fall direkt bei Ostende. Sein Vater wollte den Leichnam seines Sohnes jedoch unbedingt zurück in die Heimat schaffen. Vermutlich durch gute Beziehung zu höherrangigen Militärs und einigen Bestechungsgeldern gelang dies fünf Monate später auf abenteuerliche Weise. Heinrich Wesselmann reiste mit einem befreundeten Wirt nach Flandern, um den Sarg mitsamt dem Leichnam seines Sohnes wieder auszugraben. Er erkannte seinen Sohn an einer prägnanten Verletzung an seiner Hand, die aus der Zeit vor dem Krieg stammte. Daraufhin wurden die sterblichen Überreste Wesselmanns in einem Zinksarg versteckt und in einem Extra-Waggon der Eisenbahn für leere Kartuschen in die Heimat befördert. Nach seiner geglückten Rückkehr wurde August Wesselmann im April 1915 in Steinhagen bestattet. Dieses einmalige Ereignis für Steinhagen fand unter großer Anteilnahme der Dorfbewohner statt. In den Zeitungen wurde jedoch nicht darüber berichtet, da man Nachahmungen fürchtete. So wurden Tausende andere Söhne und Väter in namenlosen Gräbern weit weg von ihrer Heimat und ihren Familien begraben.